Karin Matzke
Trophies

Throphies, eine lose Gruppe von fünf übermenschengroße Gipsskulpturen, die scheinbar zufällig verteilt im Raum stehen, ist eine neue Installation des Münchner Künstlers Tim Bennett und wurde für die Ausstellung im ZiF Bielefeld konzipiert. Die monochrom gefassten Skulpturen wirken wie Abbruchsäulen oder auch wie seltsame, instabile, sich bewegende Kreaturen.  Entkontextualisiert und durch ihre farbige Fassung, ästhetisiert stehen sie wie eine Trophäensammlung im oberen Foyer des ZiF. So wie der Großwildjäger seine Überlegenheit über mächtige Tiere durch das Ausstellen von präparierten Köpfen präsentiert, zeigt Bennett eine Sammlung von Abbruchsäulen, die durch Zerstörung des Alten etwas Neues schaffen.
In den drei Wandarbeiten im ZiF-Foyer aus dem Jahr 2016 wird Gipskarton mit Tapete bezogen, um dann als farbiger (Bild-)Träger für den eingegossenen Gips zu dienen, der wiederum den „Schutt“ des Ateliers miteinschließt und zu einem Teil der scheinbar zufällig entstandenen Form macht. Sie gehören zu der Serie „Conspiracy Clouds“, einer Reihe von Arbeiten die das Fantasieren über Wolkenformen thematisiert.

Tim Bennett, geboren 1973 in Rochdale, Großbritannien, lebt und arbeitet seit über 15 Jahren in München. Nach dem Studium der Malerei und Bildhauerei bei Ben Willikens und Hermann Pitz an der Akademie der Bildenden Künste München und diversen Stipendien im In- und Ausland bis 2005, kehrte er für zwei Jahre in sein Heimatland zurück, um einen Master of Fine Arts am renommierten Goldsmiths College in London zu absolvieren.
Schon in den frühen Arbeiten Bennetts spielte das Verhältnis von spontaner künstlerischer Geste und oft langwierigen und akribischen Arbeitsprozessen, die eben aus jener hervorgehen, eine entscheidende Rolle. Dabei bedient sich der Bildhauer aus einer großen Palette von handelsüblichen Baustoffen und Materialien, die er durch Verfahren der Veredelung und Neukontextualisierung in völlig neue Bedeutungsräume versetzt.
Seine wichtigsten Materialien sind Gipskarton, Gips, Marmor, Beton, Holz, Furnier, aber auch Bronze oder Bierdeckel. In Tim Bennetts Publikation „Plasterboarding“ aus dem Jahre 2013 schreibt Daniela Stöppel in ihrem Text „Politik des Materials“ dazu: „(…) Materialien und ihre Behandlung sind also per se politisch, dies scheint als Voraussetzung wichtig, um auch die Arbeiten von Tim Bennett in ihrer minimalistischen Form-reduktion als politisch verstehen zu können. Seine favorisierten Werkstoffe sind seit einigen Jahren Gipskartonplatten, aber auch standardisierte Lackfarben, Rohre oder Streichhölzer(…) Er greift bewusst deren funktional oder durch den Herstellungsprozess bedingte formale Qualitäten auf, wie das matte Grau-Grün der Gipskartonplatten, ihr längliches Format, ihre spezifische Schwere, Dichte und Sprödigkeit, ihre Brech-, Falt-, Schneid- und Schnitzbarkeit. Ein Material, das eigentlich zugespachtelt, verputzt, gestrichen oder tapeziert, also kaschiert, werden sollte, liegt so offen und blank (…)“
Bennett öffnet neue Assoziationsräume, ohne dem Betrachter seine Inhalte aufzwingen zu wollen. Seine Themen sind für ihn Vehikel, um mit der Kunst selbst, sowie mit Material, Farbe und Raum zu spielen.

ZIF, Universtität Bielefeld, 2017